Unbeweglich sitze ich auf einem Ast, umhüllt von der Dunkelheit der Nacht. Meine orangegelben Augen reflektieren das wenige verbleibende Licht. Im regelmäßigen Abstand weniger Sekunden lasse ich mein „huh“ erklingen. „Huh ----- huh ----- huh ---- huh“. Äste knarren im Wind und es knackt im Unterholz. Der Wald zeigt sich von seiner schaurig düsteren Seite und ich bin ganz in meinem Element.
Sobald die Nacht hereinbricht begebe ich mich auf die Jagd. Nahezu lautlos gleite ich über den Boden und spähe nach Feldmäusen. Habe ich das Objekt meiner Begierde aufgespürt, verbleibe ich im Rüttelflug, um den richtigen Moment abzuwarten und mir dann die Beute zu schnappen. Feldmäuse machen drei Viertel meiner Nahrung aus. Vielleicht klingt das eintönig, aber für mich ist es immer wieder ein Festmahl. Aus diesem Grund lebe ich am Waldrand in der Nähe von Feldern und offenen Flächen, wo das Nahrungsangebot und die Chancen auf Beute für mich am größten sind.
Den Tag verbringe ich ruhend und gut getarnt im Geäst eines Baumes. Im Herbst und Winter, außerhalb der Brutsaison, verbringe ich den Tag nicht alleine, sondern gemeinsam mit anderen Waldohreulen. Jeden Morgen zur Dämmerung finden wir uns an unserem Schlafbaum ein. Dort tauschen wir uns darüber aus, wo die Jagdchancen für uns noch am günstigsten sind. In der Gruppe sind wir außerdem besser vor Feinden geschützt, weil wir uns bei Gefahren gegenseitig warnen können. Und wenn sich der Winter von seiner rauen Seite zeigt, können wir eng zusammenrücken und uns gegenseitig wärmen. Werden wir an unserem Schlafbaum nicht gestört, kommen wir Jahr für Jahr im Herbst wieder zurück. Hier hast du die besten Chancen uns zu Gesicht zu bekommen, denn unser Schlafbaum kann sich ganz in deiner Nähe, mitten in einer Siedlung befinden. Dies hat den Vorteil, dass wir an strengen Wintertagen, wenn die Feldmäuse in eine Kältestarre verfallen, Jagd auf Vögel machen können, die sich bevorzugt in der Nähe der Menschen aufhalten.
Die Waldohreule führt uns die Bedeutung der Gemeinschaft und sozialen Verbindungen in unserem Leben vor Augen. Sie zeigt uns die Freude und Kraft, die daraus entsteht, Teil einer Gemeinschaft zu sein und erinnert uns daran, unsere sozialen Beziehungen bewusst zu pflegen. Teil einer Gemeinschaft zu sein bedeutet nicht, seine Individualität zu verlieren; vielmehr bietet es die Chance voneinander zu lernen und gemeinsam zu wachsen.
Steckbrief Waldohreule
Länge: 31-37 cm
Flügelspannweite: 86-98 cm
Lebensraum: Wälder in der Nähe offener Flächen
Brutplatz: Nest in Bäumen (verlassene Nester von Krähen oder anderen Vögeln)
Nahrung: (Feld-)Mäuse und kleine Vögel
Standvogel (ganzjährig)
Bestand: nicht gefährdet (Rote Liste Deutschland)
Systematik:
Ordnung: Eulen
Familie: Eigentliche Eulen
Gattung: Ohreulen
Art: Waldohreule